Freitag, 27. Mai 2011

das geheimnis eines langen glücklichen lebens

der titel eines "brigitte"-dossiers - das ich - zugebenermaßen - bisher nur halb gelesen habe...
(vermutlich bin ich zu sehr mit leben beschäftigt...ein leben, welches, einer zwischenüberschrift zufolge länger wirkt, wenn man abwechslung hat...)

als neue ratschläge werden am ende dieses artikels so wahnsinnig neue erkenntnisse propagiert, dass ich mir sehr sehr alt vorkomme, weil sie schlicht - nicht neu! - für mich sind.
(oder es liegt daran, dass ich seit jahren oberstufen-ethik unterrichte und da gibt's ein ganzes semester zum thema "glück"... da ist man gezwungen, sich mit solcherlei zeugs zu befassen... vielleicht macht mich das ja wahnsinnig up-to-date?)

beispiele:
- stress suchen (erfüllende arbeit macht glücklich)
- schwarz sehen (man wird öfter mal positiv überrascht, was glücklich macht)
- wechselnde partner (für frauen: männer sind glücklicher, wenn sie verheiratet sind. frauen brauchen gar keine männer...)
- nicht alles auf die leichte schulter nehmen (sachen ernst nehmen macht glücklich)
- weg mit der frühförderung (ach echt? - ne entspannte kindheit macht glücklich)
- sex allein reicht nicht (der eine oder andere orgasmus sollte schon dabei sein)
- lieben ist besser als geliebt werden (da kommt so viel nettes zurück...und das macht dann glücklich)

ich muss mich (vielleicht) entschuldigen, aber das ist doch absurd!

1. wie kann man lauter solche selbstverständlichkeiten überhaupt als neuigkeiten verkaufen und das wird dann auch noch geglaubt?
2. manches ist dermaßen offensichtlich, dass ich mich frage, wieso ich nicht ununterbrochen unerträglich glücklich bin.
3. am besten gefällt mir die studie zu verheirateten männern und single-frauen. männer sind glücklicher, wenn sie verheiratet sind, auch zum zweiten mal. bei frauen ist das nicht so. ich zitiere: "wichtig für frauen ist nicht die stabile paarbeziehung, sondern dinge zu haben, die einen glücklich machen."  
aha. mir fehlen die worte.
(allein: wenn meine schüler in einer erörterung so argumentieren, steht am rand (in rot!): zusammenhang? logik?...)

 ich überlasse das kommentieren dem geneigten leser und gehe ins kino - allein (siehe single-frauen) - um mir einen film anzusehen, in dem es  - angeblich - um eine mysteriöse massenmörderin geht... oder sowas... könnte interessant werden... und glücklich machen?  (je nachdem, wer umgebracht wird...)

Montag, 23. Mai 2011

klagemauer

eine freundin bat - offenbar angesichts einer sisyphosartigen wiederholung der typischen gemeinheiten des lebens - in ihrem blog darum, man möge ihr einfach ab und an sagen, dass alles wieder gut wird.

ich habe heute für eine kollegin 5 ethik-colloquien protokolliert und da tauchte wiederholt ein frage auf, die mir erstens kaum aus dem kopf geht - die antwort darauf, nicht die frage - und die hier zweitens vielleicht passt:

ist viktor frankl dem geneigten leser ein begriff? er - ein jude, der das kz überlebt aber seine ganze familie dort verloren hat - hat 3 hauptwege zum glück beschrieben:

der erste: erleben statt konsumieren: erlebe jeden tag als geschenk und erfreue dich an den schönen dingen.

der zweite: ein werk schaffen: bemühe dich um irgend etwas mit vollständiger hingabe, dann wirst du darin - egal wie unbedeutend das werk scheinen mag - glück finden.

der dritte: hinnehmen was nicht zu verhindern ist: aus allem schlimmen lässt sich eine positive perspektive herauslesen. konzentriere dich auf diesen blick, nicht auf das traurige, entsetzliche, schmerzliche. dann erhält das leben (wieder) einen sinn.

als beispiel zum besseren verständnis folgendes: man stelle sich die trauer im falle des todes einen teuren freundes vor. nun kann man in schmerz über den verlust versinken. man kann sich aber, nach einer gewissen zeit, vor augen führen, dass es nicht im sinne des freundes sein kann, wenn man allen sinn in seinem leben verlöre auf seinen tod hin. wenn man sich also bewusst macht, dass es der wunsch des freundes wäre, dass man selbst weiter lebt, dann ist es möglich, daraus dem eigenen leben wieder einen sinn zu geben.

gerade der dritte weg scheint mir der anspruchsvollste. beinahe vermessen klingt diese forderung. doch von jemandem, der seine mithäftlinge allein auf diese weise dazu gebracht hat, jeden tag neu zu überleben, in einer vollkommen unmenschlichen, vollkommen unterträglichen situation, der ihnen kraft und mut gegeben hat, die ausgereicht haben, jeden tag nicht zu sterben, von solch einem menschen - zu dem ich mit bewunderung aufblicke - und ich blicke zu wenigen auf - von solche einem menschen kann man vielleicht wirklich etwas lernen?

ich glaube, wenn wir auch nur winzige schritte auf diesen drei wegen zu gehen versuchen, dann wird zuletzt alles gut.